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Nachwuchsförderung im Fußball:
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Früh übt sich, wer ein Meister werden will - oder nicht?

Wenn sich unsere Nationalmannschaft in diesen Tagen bei der EM in Frankreich von Spiel zu Spiel kämpft, können einige der zum Teil noch jungen Spieler schon auf eine lange Karriere zurückblicken. Seit rund 15 Jahren setzt der Deutsche Fußballbund (DFB) auf eine gezielte Nachwuchsförderung. Allerdings schaffen es 99 Prozent der geförderten Jungen nie, Fußballprofi zu werden – das ist das Ergebnis einer Studie von Sportwissenschaftlern um Professor Dr. Arne Güllich von der TU Kaiserslautern.

Von Unispectrum live • Melanie Löw

Mesut Özil, Thomas Müller, Manuel Neuer und Co. sind auf dem Platz schon alte Hasen. Bereits im Kindesalter haben die meisten unserer Nationalspieler mit dem Kicken in einem Fußballverein angefangen. Seit dem miserablen Abschneiden der Fußballelf in der Vorrunde bei der Europameisterschaft im Jahr 2000 setzt der DFB auf eine gezielte Nachwuchsförderung. In Leistungszentren und Eliteschulen sollen talentierte Jungkicker schon früh entdeckt und gezielt gefördert werden. Der Weg dabei ist wahrlich kein leichter: Den jungen Talenten wird viel abverlangt. Sie müssen für das Training nicht nur auf den Großteil ihrer Freizeit verzichten, sondern auch Familie, Freunde und andere Interesse hintenanstellen.

Der Gewinn des Weltmeistertitels 2014 in Brasilien scheint zu belegen, dass diese Nachwuchsarbeit des DFB nun Früchte getragen hat. Doch was bringt diese Kaderschmiede wirklich? Wie viele der Kicker schaffen es später tatsächlich, sich als Profi in der Bundesliga oder gar in der Nationalmannschaft zu behaupten? Mit diesen Fragen haben sich Sportwissenschaftler um Professor Dr. Arne Güllich vom Institut für Angewandte Sportwissenschaft der TU Kaiserslautern befasst. Er und sein Team haben die Talentförderung im deutschen Fußball genauer unter die Lupe genommen. Sie haben dabei auch untersucht, wie viele der geförderten Jungen es später zu erfolgreichen Spitzenspielern schaffen könnten. Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass die Bilanz nüchtern ausfällt, wie Güllich sagt: „Die meisten, also über 99 Prozent, der geförderten Jungen zwischen 10 und 12 Jahren werden keine Profispieler und schaffen es auch nicht in die A-Nationalmannschaft.“

Die meisten, also über 99 Prozent, der geförderten Jungen zwischen 10 und 12 Jahren werden keine Profispieler und schaffen es auch nicht in die A-Nationalmannschaft.

Professor Arne Güllich

In ihrer Arbeit konnten die Forscher außerdem zeigen, dass 80 Prozent der Spitzenspieler gar keine solche Förderung in diesem jungen Alter durchlaufen haben. Die Ergebnisse werfen die Frage nach der Effizienz und Wirkungsweise dieser Förderprogramme auf und ob die Verantwortlichen über Alternativen nachdenken sollten, damit wirkliche Talente früh entdeckt, aber andere Jugendliche nicht verheizt werden.

Im Dokumentarfilm „Football made in Germany“ der ARD und der Deutschen Welle erläutert Professor Güllich im Interview die Ergebnisse seiner Studie. Der Film setzt sich zudem kritisch mit der Nachwuchsarbeit im deutschen Fußball auseinander. Die Filmemacher geben Einblick in die Arbeit der Leistungszentren und begleiten junge Kicker auf ihrem Weg.

Den Film gibt es im Netz unter: www.reesessportkultur.de/2016/06/22/football-made-in-germany-das-geheimnis-des-erfolges/

Bild des Benutzers Melanie Löw
Erstellt
am 30.06.2016 von
Melanie Löw

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