© TUK, Thomas Koziel
Startup LUBIS EDA im Porträt
14710 Views | 0 Notes
„Wir sind so etwas wie der Mikrochip-TÜV“

„Wir helfen unseren Kunden, Fehler in Mikrochips zu finden“, erklärt Dr. Tobias Ludwig, der zusammen mit Dr. Michael Schwarz und Dr. Max Birtel das Startup LUBIS EDA gegründet hat. Wobei „LUBIS“ ein Akronym aus ihren Nachnamen ist – und „EDA“ für „Electronic Design Automation“ steht. „Wir bieten Services für Chip-Hersteller an, entwickeln Software für die Entwicklung von Halbleitern und sehen uns als Deep-Tech Startup“, fasst es Max Birtel zusammen. Eine Besonderheit des jungen Unternehmens: „Wir profitieren von den Vorteilen des Standorts Kaiserslautern“, wie Tobias Ludwig ergänzt. Denn durch die Uni, mit der sie eng zusammen arbeiten, seien weltweit anerkannte Fachleute vor Ort, die sich mit eben jenen Herausforderungen der Softwareentwicklung bestens auskennen.

Von Unispectrum live • Christine Pauli

Vereinfacht kann man sich die von LUBIS EDA angebotene Dienstleistung folgendermaßen vorstellen: „Kunden melden sich bei uns, wenn sie einen Mikrochip fertiggestellt haben. Und wir durchsuchen diesen dann nach Fehlern“, erklärt Tobias Ludwig. „Anschließend bekommt der Kunde von uns eine Fehlerliste. Wir sind also so etwas wie der Mikrochip-TÜV.“ Ein im Entwicklungs- und Herstellungsprozess von Mikrochips wichtiger Punkt, wie Ludwig ergänzt. Denn würde man nur einen einzigen kritischen Fehler übersehen, könne das durchaus Kosten von bis zu mehreren Milliarden Euro verursachen: „Wenn beispielsweise die Blaupause des Chips, eine Maske, aufgrund von Fehlern komplett in die Tonne getreten werden muss.“ Solche Fehler könnten insbesondere kleine Chip-Hersteller in den Ruin treiben, wie Tobias Ludwig berichtet, der sein Informationstechnikstudium – inklusiver einer Promotion - erfolgreich an der TUK hat abschließen können. Im Rahmen seiner Doktorarbeit am Lehrstuhl EIS (Entwicklung informationstechnischer Systeme) von Prof. Dr. Wolfgang Kunz hat er vorhandene Methoden, die eine agile Hardware-Entwicklung ermöglichen, weiterentwickelt. Gemeinsam mit seinem Promotionskollegen Michael Schwarz erkannte er deren Potenzial, hat daraufhin die Gründung von LUBIS EDA angestrebt - und mit Max Birtel einen Wirtschaftsingenieur an Bord geholt, der die technische Ingenieurssicht mit wirtschaftswissenschaftlichem Wissen ergänzt.

„Erst mit dem Twist zum Service-Geschäft waren wir erfolgreich“

Zunächst wollten die Gründer eigentlich das Software-Produkt an sich anbieten, mit dem Chip-Hersteller ihre Prozesse überprüfen können. „Doch das hat wenig gefruchtet“, erinnert sich Tobias Ludwig. „Erst mit dem Twist zum Service-Geschäft waren wir richtig erfolgreich.“ Im März 2019 hatten sie sich für eine EXIST Gründungsförderung beworben: Der Forschungstransfer unterstützt speziell forschungsbasierte Gründungsvorhaben, die mit aufwendigen und risikoreichen Entwicklungsarbeiten verbunden sind. „Im Dezember 2019 kam dann die Zusage“, ergänzt Max Birtel, der ebenfalls an der Uni Kaiserslautern studiert und promoviert hat. „Wegen Corona hat sich dann alles noch etwas verschoben. Aber seit Oktober 2020 werden wir durch EXIST gefördert. Davon konnten wir für eineinhalb Jahre vier Vollzeitstellen finanzieren.“ Aber auch für weitere Investitionen wurde das Geld gebraucht: „Für die IT-Infrastruktur beispielsweise, für Marketing und Vertrieb. Wir sind ja auch auf Messen gefahren“, berichtet Birtel. „Und wir haben uns beraten lassen  – unter anderem juristisch.“ Vom Gründerbüro der TU&HS Kaiserslautern haben sie ebenfalls profitiert: „Das Gründerbüro ist die Schnittstelle zwischen dem Projektträger und dem Startup. Hier haben wir vor allem die wichtige Initialberatung bekommen.“ Ein großer Dank gelte auch ihrem Doktorvater, Professor Kunz, der sie beim gesamten Gründungsprozess jederzeit unterstützt habe.

Administration und Bürokratie sind eine Herausforderung

Und was war eine der größten Herausforderungen beim Gründen? Das seien die administrativen Dinge gewesen, darin sind sich Tobias Ludwig und Max Birtel einig: „Deutschland ist nun mal sehr bürokratisch. Und das auch wenn man sich in einem Gründungsprozess befindet“, meint Tobias Ludwig. Das sei schon alles sehr aufwendig gewesen. Max Birtel beschäftigt sich inzwischen sogar Vollzeit mit administrativen Angelegenheiten. Für die die jungen Ingenieure hat es sich gelohnt, all die Hürden zu nehmen – Max Birtel: „Wir haben es geschafft. Wir haben uns von der der ersten Überlebensphase zu einer Organisation entwickelt.“ Sie wachsen weiter, neue Mitarbeitende kommen hinzu, was ebenfalls mit Herausforderungen verbunden ist: „Die ad hoc Strukturen, wie wir sie am Anfang hatten, sind ab einer gewissen Größe nicht mehr effizient“. Ein größerer Dampfer bewege sich bekanntermaßen schwerer: „Das mussten wir erst lernen. So braucht beispielsweise die IT bei mehr Mitarbeitern auch mehr Management.“

Zusagen von ersten Kunden und Investoren waren ein tolles Erlebnis

Was war eines der schönsten Erlebnisse während des Gründungsprozesses? Da muss Tobias Ludwig nicht lange nachdenken: „Der erste Kundenvertrag. Es war ein informeller Handschlag. Das Gefühl, dass die angebotene Dienstleistung auch tatsächlich angenommen wird.“ Und Max Birtel ergänzt: „Sehr gefreut haben wir uns auch, als wir die Zusage von Investoren bekommen haben. Das hat uns gezeigt, dass es Leute gibt, die an uns glauben und die bereit sind, für unsere Idee Geld zu geben.“

Ab 1. Juli 2022 stehen sie auf eigenen Füßen, die EXIST-Förderung läuft aus: „Für uns beginnt damit eine neue Phase. Aber wir sind gut aufgestellt“, meint Max Birtel. Tobias Ludwig ergänzt: „Wir sind Experten auf unserem Gebiet, wollen jetzt vor allem viel Energie in unsere Projektarbeit stecken. Und unseren Kunden zeigen, dass wir gute Arbeit abliefern können.“ Ihre öffentliche Sichtbarkeit wollen sie in den nächsten Jahren weiter ausbauen. Max Birtel: „Wir wollen auch als cooler Arbeitgeber in der Region Kaiserslautern wahrgenommen werden.“ Mitarbeitende sollen sich bei ihnen wohlfühlen: „Wir haben eine Vision davon, wo wir hinwollen. Und das sollen die Leute mittragen.“

 „Man sollte mit Leuten gründen, denen man vertraut“

Und welche Tipps können sie anderen Gründern geben, die vielleicht noch am Anfang ihres Weges stehen? Tobias Ludwig: „Eigeninitiative ist ganz wichtig. Man muss sich selbst um alles kümmern.“ Und er ergänzt: „Beim Gründen geht alles sehr schnell. Darauf muss man gefasst sein. Plötzlich muss man Leute einstellen, sich mit Personalfragen beschäftigen. Das wäre in einem größeren Unternehmen, in dem man vielleicht als Angestellter anfängt, vielleicht erst nach ein paar Jahren der Fall.“ Und Max Birtel empfiehlt: „Man macht während des Gründungsprozesses einige Hochs und Tiefs durch.“ Deshalb sei es wichtig, dass das Gründerteam untereinander gut harmoniert: „Man sollte mit Leuten gründen, denen man vertraut.“

Industrienahe Ausbildung ergänzend zum Studium anbieten

Ein weiteres Ziel für die Zukunft: Als ehemalige TUK-Doktoranden wollen sie mit der Uni Kaiserslautern eng in Kontakt bleiben. Für Studierende könnte LUBIS EDA beispielsweise ergänzende Aspekte zum Studium bereitstellen. Tobias Ludwig: „Vielleicht bieten wir eine Art Design-Schule an - und somit eine industrienahe zusätzliche Ausbildung.“ Und auch weitere Mitarbeitende wollen sie in naher Zukunft gewinnen: „Wir suchen Talente, die in der Region Kaiserslautern bleiben wollen.“ Nach dem Studium wolle nun mal nicht jeder ins Ausland, nach Berlin oder München, meint Max Birtel. „Auch hier ist es ja schön.“ LUBIS-EDA könnte ein Grund sein zu bleiben.

+++

Bildunterschrift zum Titelfoto: (v.l.n.r.) Die Gründer Tim Burr, Tobias Ludwig, Michael Schwarz und Dr. Max Birtel.

Bild des Benutzers Julia Reichelt
Erstellt
am 09.06.2022 von
Julia Reichelt