
Internationale Graduiertenschule
Weltweit kommt es in vielen Städten zu einem Rückgang der Bevölkerung. Doch wie mit den Folgen umgehen? Kann man schrumpfende Städte auch als Chance begreifen? Mit dieser Thematik beschäftigt sich derzeit eine internationale Graduiertenschule. Mit dabei sind auch Agnes Matoga und Bozhidar Ivanov. Die beiden forschen seit April bei Professorin Dr. Karina Pallagst am Lehrstuhl für Internationale Planungssysteme.
Die US-amerikanische Stadt Cleveland war einst eine florierende Metropole – dank Stahl- und Automobilindustrie. Doch im letzten Jahrhundert setzte mit der Öffnung der Weltmärkte und der damit einhergehenden Stahl- sowie der Ölkrise der Niedergang ein: Die Bevölkerungszahlen gingen deutlich zurück, ganze Stadtteile sind bis heute vom Leerstand geprägt.
Weltweit erleben Städte Ähnliches, auch in Deutschland ist dies der Fall. Mit der Thematik befasst sich ein internationales Projekt, das von der EU-Kommission seit Oktober vergangenen Jahres mit 3,3 Millionen Euro gefördert wird. Koordiniert wird es an der TUK von Professorin Pallagst. Forscherteams aus Europa, den USA, Mexiko und Japan untersuchen interdisziplinär, wie die Lebensqualität in schrumpfenden Städten verbessert werden kann. Dabei geht es etwa um Infrastruktur, urbane Lebensmittelproduktion, Kultur und Migration. Im Rahmen einer Graduiertenschule forscht auch der wissenschaftliche Nachwuchs daran, wie zum Beispiel Agnes Matoga und Bozhidar Ivanov. Sie sind für dieses Projekt seit April in Kaiserslautern.
Ivanov wird sich im Rahmen seiner Promotion damit beschäftigen, wie schrumpfende Städte auch als Chance gesehen werden können. „Welche Entscheidungen müssen Städte dazu treffen“, sagt der junge Mann, der aus Bulgarien stammt und für die Doktorarbeit in die Pfalz gekommen ist. „Sie müssen smarte Ideen entwickeln, um das Leben der Bevölkerung lebenswerter zu machen.“ Ivanov wird sich weltweit Städte anschauen, um zu vergleichen, wie so etwas gelingen kann.
Auch seine Kollegin Matoga wird unterschiedliche Städte untersuchen. Sie befasst sich mit sogenannten Governance-Strukturen, also damit wie schrumpfende Städte geleitet werden, welche Akteure in welchem Ausmaß beteiligt sind oder sich beteiligen können. „Ich möchte schauen, wie sich bestimmte Akteursgruppen organisieren, welche Ressourcen sie zur Verfügung haben und was sie damit gestalten können. Aber auch, welche Gesetze, Richtlinien, Pläne und Diskurse auf lokaler, regionaler oder nationaler Ebene den Rahmen dafür vorgeben“, erzählt die Doktorandin, die aus Polen für die Promotion an die TUK gekommen ist.
Die Graduiertenschule ermöglicht es den Beteiligten nicht nur, dass sie sich untereinander vernetzten und austauschen, sondern sie sieht auch ein strukturiertes Trainingsprogramm vor, um sich in Workshops, Vorträgen und Praktika intensiv mit der Thematik auseinanderzusetzen. „Außerdem sind zwei Auslandaufenthalte geplant“, fährt Matoga fort. So wird es von den Projektpartnern Schulungsangebote geben, bei denen wichtige Kenntnisse vermittelt werden, etwa zum demografischen Wandel. „Für jeden gibt es darüber hinaus einen individuellen Karriereplan, bei dem geschaut wird, welche Fortbildungsmaßnahmen oder Konferenzen sich zum Beispiel anbieten würden“, ergänzt Ivanov.
Das Programm zielt darauf ab, die Beteiligten gezielt zu qualifizieren, dass sie im Anschluss als Führungskräfte in Behörden, Forschungseinrichtungen oder Unternehmen die Thematik innovativ angehen können.
Über das Projekt
Das Projekt „Reviving shrinking cities – innovative paths and perspectives towards livability for shrinking cities in Europe“ wird im Rahmenprogramm für Forschung und Innovation „Horizont 2020“ als Marie-Skłodowska-Curie-Maßnahme von der Europäischen Kommission für vier Jahre mit 3,3 Millionen Euro gefördert. Im Forschungsprojekt arbeiten Teams von 16 Hochschulen, Forschungseinrichtungen, Stiftungen und zu verbessern. Sie betrachten diese Prozesse aus historischer, geografischer, planerischer, ingenieur-, sozial- und wirtschaftswissenschaftlicher Sicht.
Die Koordination liegt bei Professorin Pallagst vom Fachbereich Raum- und Umweltplanung an der TU Kaiserslautern. Ferner sind beim Team dabei die TU Dortmund, die Universitäten in Amsterdam, Porto und im mexikanischen Guadalajara sowie die Adam Mickiewicz Universität im polnischen Posen, die École Normale Supérieure Paris sowie die beiden Beratungs- und Forschungseinrichtungen „Cambridge Architectural Research“ aus England und „Spatial Foresight“ aus Luxemburg. Als Partner sind darüber hinaus beteiligt: die Bertelsmann Stiftung, die Energieagentur Rheinland-Pfalz, das Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung, die Meeresfischzuchtanlage „Fresh“ im saarländischen Völklingen, die Kent State University aus den USA, das japanische Nomura Research Institute sowie das Netherlands Expert Center on Demographic Change.

am 27.08.2019 von
Melanie Löw