
Studentisches Team bei internationalem Wettbewerb
Grünalgen, die Plastik abbauen – daran arbeitet ein studentisches Team auf dem Campus derzeit voller Eifer. Mit ihrem Projekt nimmt es an einem internationalen Wettbewerb in den USA teil.
Alleine im Jahr 2010 sind fünf bis 13 Millionen Tonnen Plastik in die Ozeane gelangt. Zu diesen Zahlen sind US-amerikanische Forscher 2015 in einer Studie gekommen. Doch nicht nur in den Meeren sind die Kunststoffe zu finden. Auch in Seen, Flüssen, Äckern und Böden. Mikroplastik ist längst in unserer Nahrungskettenkette zu finden. Außerdem setzt die Kosmetikindustrie in vielen Produkten darauf, über das Abwasser gelangen die winzigen Partikel in die Umwelt. Kläranlagen können sie in der Regel nicht herausfiltern. Da Plastik nicht verrottet, sammeln sich die Teilchen überall an.
Wie also das Problem in den Griff bekommen? Mit dieser Frage befasst sich ein studentisches Team im Fachbereich Biologie. Es nimmt bei dem internationalen Studentenwettbewerb iGEM teil. Ende des Jahres wird es sich im US-amerikanischen Boston der Konkurrenz stellen. „Wir befassen uns in unserem Projekt mit einer Grünalge, die Plastik abbauen soll“, sagt Lukas Punstein, der Sprecher der Gruppe. Im Fokus steht dabei ein ganz bestimmtes Plastik, das PET. Die Abkürzung steht für den komplizierten Begriff Polyethylenterephthalat. PET ist weltweit der am häufigsten vorkommende Kunststoff.
Damit Grünalgen PET abbauen können, brauchen sie zwei bestimmte Enzyme. „Diese spalten das Plastik in zwei Grundbestandteile“, sagt Punstein. Japanische Wissenschaftler haben diese Enzyme vor ein paar Jahren bei Bakterien gefunden, die auf einer Müllhalde Plastik zersetzt haben.
Die Gene für diese Enzyme gibt es mittlerweile bei entsprechenden Biotechnologie-Firmen zu kaufen. Das Team arbeitet nun daran, die Gene ins Erbgut der Grünalge einzubauen, damit diese sie produzieren. „Das funktioniert schon ganz gut“, so der Student weiter. Im nächsten Schritt müssen die Algen die Enzyme nach außen in ihre direkte Umgebung abgeben, damit das Plastik zersetzt werden kann. „Bei einem der Enzyme funktioniert das schon, beim anderen noch nicht. Daran arbeiten wir im Moment.“
Wenn alles so läuft wie geplant, muss das Team im Anschluss untersuchen, wie viel Plastik die Algen in welcher Zeit abbauen. „Man kann das Verfahren in einem Bioreaktor nutzen“, sagt Teamkollege Adrian Engels weiter. Die beiden Substanzen, in die PET abgebaut wird, lassen sich wieder verwenden. Hierbei handelt es sich um Terephthalsäure und Ethylenglycol. Beide Stoffe können zum Beispiel in der chemischen Industrie in vielen Bereichen zum Einsatz kommen. „Wir hätten so ein geschlossenes Recyclingsystem, bei dem kein Plastik in der Umwelt anfällt.“ Denkbar wäre es zum Beispiel, dass die Technik in einer Kläranlage Verwendung finden kann.
Das studentische Team will sich im Herbst in Boston der Konkurrenz stellen.
Die Arbeiten zu dem Projekt haben bereits im letzten Sommer begonnen. Bakterien, die Plastik abbauen, gab es bei iGEM bereits. Das Kaiserslauterer Team ist das erste, das dafür einen höheren Organismus nutzt, einen Eukaryoten, wie es in der Fachwelt heißt. Diese besitzen im Gegensatz zu Bakterien zum Beispiel einen Zellkern.
Das Team besteht aus elf Mitgliedern, alle sind im Bachelorstudium, die meisten studieren Biologie, zwei Bioverfahrenstechnik und einer Biophysik. „Wir haben im Studium aber in diesem Semester eine Pause eingelegt, ansonsten ist das nicht zu bewerkstelligen“, sagt Punstein und lacht. Denn zum Wettbewerb gehört nicht nur das Projekt im Labor. Die Teams müssen eine Reihe von Aufgaben erledigen. Dazu gehört es unter anderem, Sponsoren von ihrer Idee zu überzeugen, die Finanzen im Blick zu haben und alle Ausgaben zu dokumentieren. Ihre Arbeit müssen sie selbst finanzieren, dazu sind sie auf finanzielle und Sachspenden angewiesen. „Die Materialen für die Versuche kosten viele Geld“, so Punstein. Um hier weiter die Werbetrommel zu rühren, nehmen sie bei einer sogenannten Crowdfunding-Aktion teil. Auf der Online-Plattform Startnext präsentieren sie seit dem 24. Juni ihr Projekt und wollen die Crowd, also die Menge, überzeugen, sie zu unterstützen.
Zudem haben sie eine eigene Webseite und Accounts bei sozialen Netzwerken, die sie mit Inhalten füllen müssen. Auch stellen sie ihre Arbeit in der Öffentlichkeit vor. „Wir gehen zum Beispiel an Schulen. Im Sommer bieten wir außerdem ein dreiwöchiges Schülerpraktikum an“, fährt Engels fort. Sie sind auf einer Seniorenmesse und der Gartenschau präsent. Zudem organisieren sie einen Besuch einer Behindertenwerkstat bei ihnen auf dem Campus. „Unsere Tage sind derzeit sehr lang“, sagt Engels. „Aber es lohnt sich auch. Wir lernen sehr viel Neues, was man im Studium nicht vermittelt bekommt.“ Regelmäßig gibt es außerdem Treffen der iGEM-Teams, demnächst auf europäischer Ebene in Den Haag in den Niederlanden oder in Düsseldorf, wo sich die deutschen Teams treffen. „Wir lernen viele neue Leute kennen und können Netzwerke aufbauen“, nennt Engels als Vorteil.
Um im Projekt voranzukommen, ist Teamarbeit gefragt. „Wir haben uns die Arbeit aufgeteilt“, sagt Punstein. „Dennoch soll jeder in Alles Einblick haben. Das funktioniert gut. Wir sind ein gutes Team.“
Große Unterstützung erhalten sie auch vom Fachbereich Biologie. „Dafür sind wir sehr denkbar, insbesondere für die tolle Betreuung von Professor Michael Schroda, Juniorprofessor Felix Willmund und Professorin Nicole Frankenberg-Dinkel“, sagt er. Hinzu kommen noch acht Doktoranden, die dem Team beratend zur Seite stehen. Auch dürfen die Studis einen Praktikumsraum für ihre Versuche nutzen.
Mehr zu dem Projekt gibt es hier:
https://www.youtube.com/watch?time_continue=11&v=pMMbl4EtHos
„Es ist das erste Mal, dass ein Team der TU Kaiserslautern an diesem Wettbewerb teilnimmt“, so Punstein weiter, „wir würden uns freuen, wenn sich auch für das nächste Jahr Interessenten bei uns melden, um mitzumachen. Wir können das neue Team dann beraten.“ Bis zum Wettbewerb hoffen sie, genug Geld zusammenzuhaben, damit alle nach Boston fliegen können. Aber bis dahin sind die Tage noch vollgepackt mit Arbeit. Und wer weiß, vielleicht tragen sie dazu bei, das Plastik-Problem eines Tages in den Griff zu bekommen.
Über den iGEM-Wettbewerb
Bei dem internationalen Genetically Engineered Machine Wettbewerb, kurz iGEM, treten jedes Jahr studentische Teams aus aller Welt gegeneinander an. Dabei geht es um Projekte aus der Synthetischen Biologie. Ziel ist es, Lösungen für aktuelle Probleme mit biotechnischen Verfahren zu finden. Ende des Jahres präsentieren die Teams ihre Projekte am Massachusetts Institute of Technology, MIT, in Boston. Ins Leben gerufen wurde der Wettbewerb 2004. 2018 haben 342 Teams daran teilgenommen.

am 25.06.2019 von
Melanie Löw